Was ist eine Insolvenz?
- Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
- Drohende Zahlugsunfähigkeit (§ 18 InsO)
- Überschuldung (§ 19 InsO)
Liegt einer dieser drei Fälle vor, müssen Unternehmen ohne persönlich haftende Gesellschafter (GmbH, AG usw.) binnen drei Wochen einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Ansonsten drohen den Verantwortlichen nach § 15a InsO bis zu 3 Jahre Haft.
Genau diese Regelung wurde jedoch aufgrund der COVID-19-Pandemie vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz rückwirkend zum 1. März 2020 bis 30. September ausgesetzt. Die Bundesministerin Christine Lambrecht erklärt: „Die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflichten ist ein wichtiger Baustein, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern.“
[Anmerkung 05.10.2020: Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde mit leichten Einschränkungen bis zum 31.12.2020 verlängert. Überschuldete Unternehmen, die nicht zahlungsunfähig sind, müssen bis Ende des Jahres keine Insolvenz anmelden.]
Dieser Beitrag zeigt mit Daten des Statistischen Bundesamtes auf, warum dieser Schritt eventuell ein Fehler gewesen sein könnte. Am Ende steht eine Prognose, wie viele Pleiten uns 2021 erwarten.
Insolvenzen seit der letzten Wirtschaftskrise
Betrachten wir am besten zunächst die Entwicklung der Insolvenzanträge seit der letzten Wirtschaftskrise: Hier wird deutlich, dass zwischen 2010 und 2019 die Anzahl der Insolvenzen im Durchschnitt um 4,3 % pro Jahr zurückgegangen ist. Zwischen 17 und 18 % werden dabei von Unternehmen verursacht. In den folgenden Betrachtungen ist ausschließlich dieser Teil relevant. Außerdem scheint es eine umgekehrte Abhängigkeit zum Bruttoinlandsprodukt zu geben, welches im Mittel um 3,5 % angestiegen ist.
Insolvenzprognose für 2021
So dargestellt fällt sofort das Delta von 20 % „Dunkelziffer“ ins Auge. Das entspricht rund 300 fehlenden Insolvenzanmeldungen pro Monat. Allein von April bis September 2020 sind das rechnerisch 1.800 nicht beantragte Insolvenzen. Durch die neue Regelung über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende des Jahres wächst die Zahl theoretisch auf 2.700 nicht beantragte Insolvenzen an. Zusätzlich entsteht ein Schneeballeffekt, weil gesunde Firmen Waren oder Dienstleistungen an (zahlungsunfähige) Zombieunternehmen liefern und am Ende nicht bezahlt werden. Dadurch entstehen dann wieder neue Insolvenzen. Kann diese Maßnahme also wirklich die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie langfristig abfedern?
Für alle Kritiker:
- Das BIP betrug im Q2 2020 ca. 771 Mrd. Euro
- Das entspricht etwa dem Bruttoinlandsprodukt im Q2 2016
- Im Q2 2016 wurden im Durchschnitt 1.804 Insolvenzen pro Monat registriert
- Bitte noch einmal auf die Prognose der Insolvenzen im April und Mai schauen